Zwischen Marburg und Gießen (die Entfernung zwischen den beiden Universitätsstädten beträgt etwa 30 km) befinden sich auf einer Fläche von ca. 742 ha landwirtschaftlich genutzte Auenlandschaften, die seit 2008 zum Natura 2000-Schutzgebietssystem gehören.
Damit steht dieses breite und offene Flusstal als Vogelschutzgebiet „Lahntal zwischen Marburg und Gießen“ unter besonderem Schutz der EU. Das Lebenselement „Wasser“ der recht naturnahen Lahn prägt diese Landschaft mit intensiver Landwirtschaft und wenigen Gehölzen. Eingestreut sind Altarmreste, Röhrichte, Riede, Teiche, Tümpel und Gräben, die Lebensraum für eine Vielzahl von Brut- und Zugvögeln bieten.
Der hier beschriebene Radweg führt bewusst nicht mitten hinein, sondern nur an besonders schützenswerte Biotope heran, um keine Störungen der empfindlichen Tier- und Pflanzenwelt zu erzeugen. Es empfiehlt sich jedoch, gelegentlich das Rad abzustellen und die ausgewiesenen Fußwege und Pfade zu nutzen. Diese führen zum Teil direkt bis an die Lahn.
Der Natura Trail liegt in der Verantwortung der NaturFreunde Marburg und wurde konzipiert von Andreas Kunz, Rolf Küpper und Gerhard Pfaff.
Kurslänge Rundweg: 32,5 km Schwierigkeit: Gering
Startpunkt: Bahnhof Marburg-Süd
Naturschutzgebiet „Unterm Wolfsberg“
Direkt an der Verbindungstraße zwischen den beiden Ortschaften Ronhausen und Wolfshausen liegt das Naturschutzgebiet „Unterm Wolfsberg“. Es beinhaltet Grünland, Feuchtflächen und einen etwa 600 m langen Flussabschnitt der Lahn. Regelmäßige Überflutungen und ansteigendes Grundwasser sind Voraussetzung zur Ansiedlung von Röhricht- und Seggenriedgesellschaften, Resten von Auenwäldern mit Erlen und Weiden. Feuchteliebende Vögel wie z.B. Teich- und Sumpfrohrsänger finden hier ideale Brutbedingungen. Etwa ein Drittel der Fläche wird extensiv als Grünland bewirtschaftet.
Vom Radweg aus gibt es zahlreiche schöne Einblicke. Das Naturschutzgebiet darf nicht betreten werden.
Acker-Grünland-Komplexe
Die Verbindung zwischen Naturschutz und landwirtschaftlicher Nutzung lässt sich gut auf dem Weg zwischen Roth und Bellnhausen erkennen. Trotz großzügiger Weideflächen für Schafe und Rinder finden sich auch hinreichend Schutzräume für viele Vogelarten. Silberreiher, Brachpieper, Goldregenpfeifer, Kiebitze, Braun- und Schwarzkehlchen und Rebhuhn rasten, brüten oder überwintern entlang der Wege und Gräben, geschützt durch Altgrasstreifen. Auch die Lebensqualität von Kleintieren wird durch das bewusste Stehenlassen von Gras verbessert.
FFH-Gebiet „Lahnaltarm von Bellnhausen“
Im ca. 16 ha großen FFH-Gebiet findet man die Lebensraumtypen „Weichholzaue“ und „Naturnahe Stillgewässer“. Die durch Lahnbegradigung Ende der 1920er-Jahre entstandenen Lahnschlingen weisen überwiegend dichtes Ufergehölz auf, gesäumt von Auenwäldchen. Während der Zugzeit finden sich Reiherenten ein. Beutelmeise, Gänsesäger, Zwergtaucher und Eisvogel haben hier ihre Brutplätze. Im Schilf fühlt sich die scheue Wasserralle wohl. Um diese Lebensräume zu erhalten, sind die Auenwälder sich weitgehend selbst überlassen und somit reich an Totholz. Für die Grünflächen besteht ein Verbot für den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.
Stillgewässer
Entstanden in der Nähe von Kiesentnahmestellen, sind diese Abbaugewässer wichtige Rückzugsorte für etliche Vogelarten. Uferschwalben finden in den steilen Wänden geeignete Stellen, um ihre Brutröhren zu graben. Flussregenpfeifer bauen auf Kiesinseln ihre Nester; Reiherenten nutzen hierfür die Uferbereiche.
Auch seltene Vogelarten wie Flussuferläufer, Kampfläufer, Grünschenkel, Bekassine und Haubentaucher können während der Zugzeit beobachtet werden. An zwei kleinen Seen, im Volksmund nach einem der Pächter „Martinsweiher“ genannt, wurde eine Vielzahl von Vogelarten nachgewiesen.
Zeiteninsel
Wo Lahn und Allna zusammenfließen, stößt man auf eine Erhebung, die über einen Zeitraum von 11.000 Jahren durchgehend besiedelt war.
Hier wurde in den letzten Jahren ein Archäologisches Freilichtmuseum errichtet.
Verschiedene Zeitstationen lassen geschichtliche Epochen von der Steinzeit über Bronze- und Eisenzeit bis zum Beginn unserer Zeitrechnung erlebbar machen.
Die Baggerseen des Kieswerks
Im Lauf der Jahre entstanden eine Reihe von Baggerseen. Während der größte See intensive Nutzung durch Freizeiteinrichtungen wie Wakeboardanlage und Badestrand erfährt, entwickelten sich die südlicher liegenden Gewässer nach Abbauende durch zum Teil aufwändige Rekultivierungsmaßnahmen zu wertvollen Sekundärbiotopen.
Einige der Seen sind inzwischen in das Vogelschutzgebiet integriert. Sie bieten insbesondere den Watvögeln zur Zugzeit wichtige Rast- und Nahrungsplätze. So können im Winterhalbjahr See- und Lappentaucher sowie Meeresenten beobachtet werden. Brutvögel in diesem Gebiet sind unter anderen Blaukehlchen, Flussregenpfeifer und Uferschwalben.
Gisselberger Spannweite
Zwischen dem Landschulheim Steinmühle und Ronhausen wird die Lahn im Rahmen einer Renaturierungsmaßnahme des Life-Projektes „LiLa - Living Lahn“ vom ausgebauten und unverzweigten Flusslauf in eine flache und weitverzweigte Aue versetzt, in der sich die Lahn unter der Umlagerung von Kiesen, Sanden und Totholz immer wieder neue Wege suchen kann.
Als aufgewerteter Lebensraum für Fische bilden sich sowohl strömungsberuhigte als auch –beschleunigte Bereiche aus, Vögel kommen zur Nahrungssuche und Brut; typische Pflanzen der Aue finden neuen Lebensraum in den Ufer- und Überschwemmungsbereichen.
Planetenlehrpfad
Auf dem Planetenlehrpfad, dem ersten der Welt für Blinde und Sehende, kann man die riesigen Entfernungen und gewaltigen Größenunterschiede erleben.
Er führt aus Richtung Süden von der Sonne im Cappeler Feld entlang des Radweges an der Lahn bis zum Pluto an der Bahnhofsbrücke in Marburg.
Das Sonnensystem wird im Maßstab 1:1 Milliarde auf einer Strecke von 6 km abgebildet (1 m im Modell entspricht 1 Mio km in der Wirklichkeit); die Erde schrumpft dabei auf Haselnussgröße.
Insgesamt werden neun Planeten maßstabsgerecht vorgestellt: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto.