Die Kultura Trails der NaturFreunde Hessen sind Rundwege, die regional begrenzte Natur- und Kulturräume beim Wandern erschließen und erfahrbar machen wollen. Dieser Weg führt euch sowohl durch den landschaftlich schönen Vorspessart, als auch durch den Historischen Ortskern von Niederrodenbach. Hier auf der Website weisen ausführliche Texte auf einige kulturelle Höhepunkte auf der Wegstrecke hin.
Der Kultura Trail liegt in der Verantwortung der NaturFreunde Hanau-Rodenbach und wurde gemeinsam mit der Arbeitsgruppe „Kultura Trails der NaturFreunde Hessen“ konzipiert.
Tourbeschreibung:
Startpunkt: Naturfreundehaus Hanau-Rodenbach, Bergstraße 47 (Parkmöglichkeiten vorhanden) oder am Bahnhof Niederrodenbach
Tourlänge: 14,9 km, Schwierigkeit: mittelschwer, Gehzeit: ca. 4 Std., Gesamtaufstieg: 130 m
Wir haben die Tour mit Komoot aufgezeichnet und alle Highliglights dieser Wanderung mit kurzen Texten beschrieben.
Hier findet ihr die Tour in Komoot.
Da es eine Rundtour ist, besteht die Möglichkeit auch an einer beliebigen Stelle in die Tour einzusteigen (bei Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln z.B. der Bahnhof in Niederrodenbach). Denjenigen, die von hier aus starten, empfehlen wir, sich zuerst den historischen Ortskern anzuschauen und dann zu den alten Steinbrüchen weiterzugehen. Oder auch die Runde in umgekehrter Richtung zu laufen. Wer nicht mit dem ÖPNV fahren möchte, kann den Abstecher zum Bahnhof in Niederrodenbach auslassen und von hieraus direkt zu den alten Steinbrüchen von Niederrodenbach weitergehen. Wir empfehlen dann den Start am Naturfreundehaus Hanau-Rodenbach mit Einkehr in die Vereinsgaststätte (nur am Wochenende). Parken ist auch unter der Woche an der Straße zum Waldrand hin möglich.
Gleich am Waldrand könnt ihr das Kunstwerk "Wabernde Welle" entdecken. Sowohl zum Naturfreundehaus, zum Kunstprojekt als auch zu allen anderen kulturellen Höhepunkten der Tour findet ihr hier ausführliche Informationen.
Durch den Wald führt euch der Weg durch das schöne Rodenbachtal. Dort könnt ihr euch auf verschiedenen Infotafeln der Gemeinde Rodenbach über die Flora und Fauna informieren. Vorbei kommt ihr an der Hainmühle und erreicht dann den Historischen Ortskern von Niederrodenbach. Hier ist der Besuch des Heimatmuseums empfehlenswert und auch eine extra Führung durch den Ortskern vom Geschichtsverein Rodenbach ist sehr informativ. In Niederrodenbach gibt es einige Einkehrmöglichkeiten und eine sehr empfehlenswerte Eisdiele auf der Hauptstraße.
Weiter geht die Tour wieder aus dem Ort heraus zu den Niederrodenbacher Steinbrüchen, die seit den 1970er Jahren ein Naturschutzgebiet sind. Durch Felder, Wiesen und Wald geht es bis zur Barbarossaquelle. Hier finden gelegentlich verschiedene Feiern und Veranstaltungen statt. Aber auch ansonsten lädt die Stelle zu einem Picknick im Wald ein. Das letzte Stück führt euch durch den schönen Wald des Vorspessarts wieder zurück zum Naturfreundehaus.
Das Naturfreundehaus Hanau-Rodenbach
Das Grundstück des Naturfreundehauses wurde 1958 von der Ortsgruppe Hanau erworben und zuerst als Zelt- und Spielplatz verwendet. 1960 wurden die Pläne für ein Jugend- und Ferienheim eingereicht. Am 12. Juli 1962 war die Grundsteinlegung, am 31. Oktober 1964 fanden das Richtfest und am 16. Juni 1968 die Einweihung des Naturfreundehauses statt. Das Haus wurde überwiegend in ehrenamtlicher Arbeit (11.500 Arbeitsstunden) erbaut. Viele der Mitglieder fuhren am Wochenende mit den Fahrrädern von Hanau nach Oberrodenbach, um am Haus zu bauen. Da nicht viel Geld vorhanden war, wurde auch viel Material aus Abbruchhäusern und ähnlichen Möglichkeiten günstig organisiert. Dadurch erklärt sich auch die lange Bauzeit von sechs Jahren.
Das Haus wurde immer wieder umgebaut und erweitert und damit an sich verändernde Anforderungen angepasst. Die letzte große Umbaumaßnahme, in der das Haus um das Doppelte erweitert wurde, seinen Turm und ein komplett neues Dach bekam, fand von 2003 bis 2006 statt.
Im Klimawettbewerb der NaturFreunde Deutschlands im Jahr 2006 gewann das Haus den zweiten Platz in der Kategorie „Erneuerbare Energien". Das Haus wird geheizt mit einer Holzpelletheizung, unterstützt von einer 24 qm großen Solaranlage und ist mit atmungsaktiven Mineralfaserplatten und Dachisolierung versehen worden. Das Regenwasser wird in einer 9.000-Liter-Zisterne gesammelt.
Das Vereinshaus mit Beherbergungsbetrieb (35 Betten) wird von den Mitgliedern ehrenamtlich mit Herz und Seele sowie viel Engagement geführt. Die Vereinsgaststätte ist samstags ab 15 Uhr und sonntags ab 11 Uhr geöffnet.
Wabernde Welle - Kunstobjekt von Faxe M. Müller
Am Waldrand von Oberrodenbach oberhalb des Naturfreundehauses sind schon aus einiger Entfernung „bemalte“ Bäume zu erkennen. Ihre Rinde ist mit klein- und großflächigen Kalkanstrichen versehen, scheinbar willkürlich gesetzt und zusammenhangslos. Ein kleiner Zwerg, Pfeile, Haken und andere grafische Symbole von Wanderzeichen tragen zur Verwirrung bei. Ihre Bedeutung bleibt verborgen. Erst mit der Annäherung auf den Punkt der zentralen Perspektive (Einzelsitz) verdichten und überlagern sich die Bemalungen zunehmend: Als zusammenhängendes Bildmotiv erschließt sich die "Wabernde Welle", die Symbole als Blendwerk. Das Kunstwerk ist temporär angelegt, die Bemalung wird mit der Zeit auf natürliche Art verblassen, durch das Wachstum der Stämme zerrissen werden. Unser Foto ist aus dem Jahr 2016, hier ist die Welle noch richtig gut zusehen. Dieser Prozess ist Ausdruck der Veränderung und Vergänglichkeit. Die „Wabernde Welle“ regt zur Auseinandersetzung mit den natürlichen Zerfallsprozessen an. Die Wahrnehmung erweitert sich um den Faktor Zeit. Und wie im realen Leben auch lässt oft erst ein Perspektivwechsel die Erkenntnis einer (Un-)Sinnhaftigkeit des aktuellen Geschehens zu. Hier findet ihr den Kontakt zum Künstler.
Hain-Mühle
Die 1711 erbaute Wassermühle, angetrieben vom Rodenbach, trägt seit etwa 1830 den Namen Hainmühle nach ihrem damaligen Besitzer Andreas Hein (Hain). Die Familie und nachfolgende Generationen haben die Mühle sowohl als Ölpresse als auch als Getreidemahlwerk genutzt. Für den Eigenbedarf und auch in Lohnarbeit für die Dorfbewohner kam die angrenzende Backstube zum Einsatz (Brot und Blechkuchen). Anfang der 1930er Jahre wurden Bäckerei und Mühle aufgegeben. Genutzt als Etuifabrik bot das Gebäude Arbeitsplätze für Oberrodenbacher Frauen. Es folgten einige Jahre Leerstand, das Mühlrad ging verloren, bis die heutigen Besitzer (Familie Eckrich) 1938 dort eine Diamantschleiferei einrichteten. In den 1950er Jahren wurde das Gebäude zu einem Wohnhaus umgebaut.
Historischer Ortskern: Leben in Rodenbach
Wer nach Niederrodenbach kommt, dem fallen die von früherem Wohlstand zeugenden Fachwerkhäuser und hohen Hoftore (z.B. in der Hauptstraße) ins Auge. Woher kam Rodenbachs Reichtum?
Vor dem dreißigjährigen Krieg lebten die etwa 1000 Einwohner von etwas Land- und eher bescheidener Viehwirtschaft, deren Ertrag sie in Form des Zehnten an den Grafen von Hanau abliefern mussten. Was sie nicht selbst verbrauchten, konnten sie in den umliegenden Ortschaften auf Märkten anbieten. Nach dem dreißigjährigen Krieg war die Einwohnerschaft auf etwa 300 Menschen reduziert. Man entdeckte, dass sich mit der Ochsenzucht Geld machen ließ. Ochsen waren wichtig für den Handel, sie zogen die Karren von Ort zu Ort. Auch bei der Feldarbeit waren sie zu gebrauchen.
Die Rodenbacher kauften die Kälber in Frankfurt. Bis zu 1000 Ochsen wurden zeitweise hier aufgezogen und sodann an Händler verkauft, die sie ihrerseits in die Dörfer und Städtchen der Umgebung weiterverkauften. In den Zwickeln der großen halbrunden Tore an der Hauptstraße kann man noch die Ochsenköpfe sehen, die auf diese grandiose Geschäftsidee hinweisen. Nach dem Niedergang der Ochsenzucht verlegte man sich auf den Spargelanbau auf den sandigen Äckern - das Spargelfest zeugt davon noch heute, wenn auch der Spargelanbau nur noch eine Nebenrolle spielt. Moderne Rodenbacher fahren zur Arbeit nach Hanau und Frankfurt.
Historischer Ortskern: Rodenbach und das Wasser
Die kurze Bachstraße erinnert daran, dass unter ihr ein Bach fließt, der nach 1930 mit einer Straße überpflastert wurde. Die Rodenbacher hatten vom Bach einen Mühlgraben abgezweigt, der das Mühlrad an der nahe gelegenen Mühle antrieb (Mühlstraße) und auch einen Löschwasserteich speiste. An der Ecke des Sträßchens ist noch die Viehtränke "Die Weht" zu sehen, an der die Hirten auf dem Rückweg von den Feldern die Tiere tränkten. Diese wurde wie diverse andere Brunnen im Dorf durch Grundwasser gespeist.
Die Trinkwasserqualität war an diesen Brunnen sicher unterschiedlich. Vor der ehemaligen Gemeindeherberge "Zum Löwen" in der Hauptstraße gab es einen Brunnen, der durch eine hölzerne Wasserleitung Wasser vom nahegelegenen Weidertsbörnchen zugeführt bekam. Das kostenlose Schöpfen von Trinkwasser war also garantiert. Überbleibsel der hölzernen und einer tönernen Wasserleitung aus späterer Zeit sind im Rodenbacher Heimatmuseum zu sehen.
Die öffentlichen Brunnen und auch diejenigen, die manche auf ihren Privatgrundstücken hatten, wurden obsolet, als in Niederrodenbach in den Jahren 1927/28 Wasserleitungen verlegt wurden. Oberrodenbach musste übrigens noch bis 1960 auf diesen Luxus warten.
"Wasser ist Menschenrecht", dafür müssen in vielen Ländern der Erde noch heute die Menschen kämpfen, während Großkonzerne ihre Hand auf die Wasserförderung legen. Das Verbleiben der Wasserversorgung in kommunaler Hand sollte auch heute gesichert sein.
Historischer Ortskern: Kommunale Einrichtungen gestern und heute
Die bereits erwähnte frühere Gemeindeherberge "Zum Löwen" an der Hauptstraße ist noch heute kommunalen Zwecken gewidmet: sie beherbergt den RoSen-Treff für Senioren. In früherer Zeit übernachteten hier die Händler, die auf einer der zahlreichen Handelsstraßen, die sich von Frankfurt nach Leipzig zogen, in Rodenbach vorbei kamen. Die Fuhrwerke wurden außerhalb auf einem Platz geparkt, auf dem sich heute ein Reifenhändler befindet. Der Platz diente damals aber auch als Festplatz.
Das Wasser aus dem erwähnten Brunnen wurde auch zum Bierbrauen genutzt und man servierte Rodenbacher Wein, der allerdings keine weltweite Berühmtheit erlangen konnte.
Niederrodenbacher Steinbrüche
Die gemeindeeigenen Steinbrüche am Kalkofen und an der Kalkhecke wurden erstmals 1277 erwähnt. Sie lieferten Jahrhunderte lang die Steine für den Aufbau des heute historischen Ortskerns.
Daraus wurden zum Beispiel im 13. Jahrhundert die Wehrmauer mit ihren 8 Türmen und zwischen 1731-1738 das alte Rathaus errichtet. Außerdem pflasterte man die Kirchstraße und die Hauptstraße mit Steinen aus dem Steinbruch. Beide Steinbrüche wurden 1920 geschlossen. Der Steinbruch an der Kalkhecke steht seit 1970 unter Naturschutz und ist bekannt für seine Pflanzenvielfalt, z.B. gibt es hier einheimische Orchideen. Etwa dreihundert Meter westlich befand sich ein dritter Steinbruch: der herrschaftliche Steinbruch „Am neuen Feld“, der den Grafen von Hanau gehörte. Die Steine wurden in die Grafschaft rund um Hanau geliefert und um 1850 war der Steinbruch ausgebeutet. Später nutzte man ihn als illegalen Müllplatz, bevor Umweltschützer ihn 1986/1987 vom Müll befreiten.
Die Arbeitsbedingungen der Steinbrecher waren gefährlich und schwer, die soziale Lage schlecht. Die tägliche Arbeitszeit dauerte von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und erst im 19. Jahrhundert lag sie bei 10-11 Stunden. Wenig Lohn und geringe Lebenserwartung kennzeichneten diesen Beruf. Der Aufstieg zum vermögenden Steinbruchbesitzer oder Steinhändler war nur wenigen vorbehalten.
Barbarossa Quelle
Der Sage nach soll Barbarossa hier einst mit seinem Tross gelagert haben. Dabei wurden sie von den Rittern der Ronneburg überfallen. Bauern aus der Umgebung eilten dem Kaiser mit Dreschflegeln und Heugabeln bewaffnet zu Hilfe und besiegten die Angreifer. Zum Dank erteilte der Kaiser den Bauern große Freiheiten, z:B. die eigene Gerichtsbarkeit. Auch heute empfiehlt sich der Platz um hier eine Rast einzulegen.
800 Jahre später diente der machtbewusste und kriegerische Herrscher dem nationalsozialistischen Regime als Vorbild, sie gaben dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion im Jahr 1941 den Decknamen „Unternehmen Barbarossa“. Millionen Menschen sollten ausgehungert und ermordet werden, um Lebensraum für die deutsche Bevölkerung zu schaffen.
Grenzsteine am Wegesrand
Einige der fast 300 Jahre alten Grenzsteine begleiten uns auf unserem Weg. Sie können spannende Geschichten von Königreichen, Bistümern, Grafschaften und deren Grenzstreitigkeiten erzählen. Die Beschreibungen der beiden Grenzsteinwege findet man hier.
Dank an den Rodenbacher Geschichtsverein
Wir bedanken uns beim Rodenbacher Geschichtsverein für die freundliche Begegnung und Aufklärung über so manches Wissenswerte. Wir empfehlen den Besuch des Heimatmuseums und eine Führung durch den historischen Ortskern.
Fotos: NaturFreunde Hanau-Rodenbach