Dieser von den NaturFreunden Hessen in Kooperation mit dem Geo-Naturpark Frau-Holle-Land ausgewiesene Natura Trail ist ein flussbegleitender Radwanderweg entlang der Werra, ausgehend von Eschwege flussabwärts bis nach Hedemünden. Konzipiert wurde er von Peter Schwarze vom NaturFreunde-Bezirk Kassel.
Die NaturFreunde haben eine für Jugendliche und Familien geeignete Smartphone-geführte Tour auf dem Natura Trail von Eschwege nach Witzenhausen ausgearbeitet.
Kurslänge: 53,1 Km; Schwierigkeit: leicht, Auf- Abstieg: 51 m / 81 m
Startpunkt: Bahnhof Eschwege, ÖPNV: RB 7
Endpunkt: Bahnhof Hann. Münden-Hedemünden, ÖPNV: RB 8
Die Umgebung
Der Natura Trail führt durch das untere Werratal zwischen Eschwege und Hedemünden. Die 299,6 km lange Werra entspringt im Thüringer Schiefergebirge und vereinigt sich mit der Fulda in Hann. Münden zur Weser.
Der befahrene Abschnitt des flussbegleitenden Radwegs führt fast ausschließlich durch Hessen, berührt aber auch Thüringen und Niedersachsen. Der überwiegende Teil der hessischen Wegstecke liegt im 113.942 ha großen Geo-Naturpark Frau-Holle-Land.
Aufgrund des inzwischen mehr als hundertjährigen industriellen Kalibergbaus und der damit verbundenen Einleitung salzhaltiger Abwässer gehört die Werra zu den am meisten mit Salz belasteten Flüssen Europas. Daraus resultieren negative Auswirkungen auf das Süßwasserökosystem, was sich beispielsweise am Rückgang der Artenvielfalt, insbesondere bei der Fischfauna, belegen lässt. Umweltverbände und auch die NaturFreunde fordern deshalb seit Jahren, alle technischen Möglichkeitenzur Reduzierung der salzhaltigen Abwässer auszuschöpfen.
Werra- und Wehretal
Der Werratal-Radweg führt an mehreren Stellen durch das mit 24.494 ha größte FFH-Gebiet Hessens "Werra- und Wehretal" mit insgesamt 23 Lebensraumtypen, das aus mehreren Teilgebieten besteht.
Es umfasst große zusammenhängende Buchenwaldgebiete mit waldnahem Grünland und Streuobstwiesen, Lebensraum für Fledermausarten wie das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, aber auch Orchideen in den Kalkbuchenwäldern an den Werrahängen. Die Werra selbst ist in großen Teilen dem Lebensraumtyp Fließgewässer mit flutender Wasservegetation zuzuordnen.
Unsere Tour führt an beeindruckenden bewaldeten Steilhängen dieses FFH-Gebietes vorbei. So findet man hinter Albungen auf der östlichen Seite die Laubwälder an der Uhlenkuppe und hinter Werleshausen östlich des staudenreichen Werraufers Traubeneichenwälder entlang des Harthberges.
Werraaltarm und -aue bei Albungen
Das 87 ha große FFH-Gebiet besteht aus zwei Teilgebieten, die beide auch als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind. Der östlich der Bahnlinie gelegene „Jestädter Weinberg“ ist einerseits geprägt von Kalk-Halbtrockenrasen mit Wacholderbeständen und Orchideen, wo das Dreizähnige Knabenkraut, das Purpur-Knabenkraut und die Bienen-Ragwurz vorkommen. Andererseits gibt es dort auch natürliche und naturnahe Kalkfelsen mit ihrer Felsspaltvegetation; beide sind Lebensräume für wärmeliebende Arten. So findet man hier Heuschrecken wie die Rote Keulen- und die Westliche Beißschrecke und Schmetterlinge wie den Großen Perlmutterfalter oder das Esparsetten-Widderchen. Magerrasen zusammen mit bewachsenen Flächen wie Hecken und Waldsäume sind Lebensgrundlage der FFH-Art Zauneidechse. Um die Rasenflächen offen zu halten, verzichtet man auf Düngung und es erfolgen Schafbeweidung und regelmäßige Entbuschungsaktionen.
Das Werraufer säumen Weidengebüsche und Staudendickichte, zuzurechnen dem Lebensraumtyp Feuchte Hochstaudenfluren an Gewässerufern. Die Röhrichtarten Schilf und Rohrglanzgras sind hier zu finden, aber auch Ackerwildkräuter wie Gänsefuß und Meldenarten, so beispielsweise die hochwüchsige Glanz-Melde.
Das Teilgebiet „Werraaltarm und -aue“, westlich der Bahnlinie gelegen, hat einen gänzlich anderen Charakter. Der Werraaltarm und die ehemaligen Kiesseen werden dem Lebensraum Natürliche nährstoffreiche Stillgewässer zugeordnet und sind umsäumt von Erlen-Eschen- und Weichholzauenwäldern. Diese sind aus der forstlichen Nutzung herausgenommen, so dass sich der Auenwald durch eine Vielzahl von stehendem und liegendem Totholz sowie Höhlenbäumen auszeichnet. Das Gewässer ist Rast-, Nahrungs- und Brutbiotop für zahlreiche Vogelarten, z.B. Bekassine, Beutelmeise und Wasserralle. Weiterhin sind eine Vielzahl von Libellenarten wie das Große Granatauge und der Frühe Schilfjäger – früher Kleine Mosaikjungfer genannt – anzutreffen.
Ermschwerder Heegen
Das 37,6 ha große FFH-Gebiet „Ermschwerder Heegen“ ist in gleichen Grenzen als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Auf relativ kleiner Fläche bieten unterschiedliche Lebensräume Heimat für eine Vielzahl von Arten.
Die am Südhang des Heegen gelegenen Submediterranen Halbtrockenrasen zeichnen sich durch eine blütenreiche Krautschicht aus, Lebensgrundlage vieler Tagfalter. So findet man hier die Tauben-Skabiose als Futterpflanze für den Goldenen Skabiosen-Scheckenfalter. In den Blüten des Gemeinen Thymians legen die Weibchen des Thymian-Ameisenbläulings ihre Eier ab. Nachdem die frisch geschlüpften Raupen sich einige Wochen von Thymian ernährt haben, lassen sie sich auf den Erdboden fallen. Die Abgabe von zuckerhaltigem Morgentau lockt die im Magerrasen lebenden Knotenameisen an, die die Raupen für Nahrung halten und in ihr Nest tragen. Dort werden die Raupen zu Fleischfressern und ernähren sich bis zu ihrer Verwandlung zu Schmetterlingen vom Nachwuchs ihrer Wirte.
Um den Offenlandcharakter der Magerrasenflächen zu erhalten, muss der Verbuschung entgegengewirkt werden. Hierzu erfolgt eine jährliche Schafbeweidung und die abschnittsweise manuelle Teilflächenmahd im September. Auf den Trockenrasen, aber auch in dem am Südosthang gelegenen Kalk-Buchenwald sind die Zauneidechse und zahlreiche Orchideenarten heimisch. Ein weiterer Lebensraum ist der Waldmeister-Buchenwald. Dieser wurde aus der wirtschaftlichen Nutzung herausgenommen, so dass er sich durch einen hohen Anteil von Alt- und Totholz auszeichnet. Spechte und Fledermäuse finden dort ihre Baumhöhlen. Im östlichen Teil des Gebietes gelegene, gut besonnte Tümpel mit ausgeprägtem Ufer- und Unterwasserbewuchs bieten Lebensraum für den Kammmolch, die größte heimische Molchart. Die Männchen werden 12-16 cm groß, die Weibchen bis zu 18 cm. Nordwestlich der Tümpel liegt ein ganzjährig wasserführendes Sumpfbiotop mit Schilfröhricht, das spezialisierten Röhrichtbewohnern wie Rohrammer und Teichrohrsänger als Brutplatz dient.