Dieser von den NaturFreunden Bezirk Kassel in Kooperation mit Nationalpark Kellerwald-Edersee und der Segelsport-Gemeinschaft Edersee e.V. ausgewiesene Natura Trail ist ein Rundweg auf der südlichen Uferseite des Edersees. Er führt in den Nationalpark Kellerwald-Edersee, der in diesem Teilbereich auch als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet und Vogelschutzgebiet „Kellerwald“ ausgewiesen ist.
Kurslänge: 11,1 Km
Schwierigkeit: mittel
Auf- Abstieg: 220 m / 220 m
Start- und Endpunkt:
Clubhaus „Zur Endstation“ der Segelsport-Gemeinschaft Edersee e.V., Knippenberg 39, 34549 Edertal-Bringhausen
Es empfiehlt sich, diesen Weg mit dem bei den NaturFreunden erhältlichen Flyer zu laufen.
Die Umgebung
Der Natura Trail führt in das Mittelgebirge Kellerwald, einem Ausläufer des Rheinischen Schiefergebirges, geologisch geprägt vor allem durch Tonschiefer und Grauwacken. Er ist eine abwechslungsreiche Hügellandschaft mit hohen Laubwaldanteilen, mit reizvollen Bachtälern und einer artenreichen Kulturlandschaft.
Der nördliche Teil wurde 2004 vor allem aufgrund der Größe und der Ursprünglichkeit seines Rotbuchenwaldbestandes zum bisher einzigen hessischen Nationalpark „Kellerwald-Edersee“. Das 5.738 ha große Gebiet ist wegen seiner transnationalen Bedeutung seit 2011 auch Teil des UNESCO-Weltnaturerbes.
Im Norden wird das Gebiet vom 27 km langen Edersee, flächenmäßig Deutschlands zweitgrößter Stausee, begrenzt. Bemerkenswert sind dessen sehr unterschiedliche Pegelstände. Ausbleibender Regen sowie die Abgabe von Wasser an die Weser, um diese im oberen Teil für Schiffe befahrbar zu halten, können in der zweiten Jahreshälfte regelmäßig dazu führen, dass der See nur noch ca. 20 Prozent der üblichen Wassermenge enthält, was zu typischen Vegetationszonen im Verlandungsbereich führt.
Nationalpark Kellerwald-Edersee
Die Fläche des Nationalparks wurde 1998 als FFH-Gebiet und 2000 als Vogelschutzgebiet „Kellerwald“ ausgewiesen und ist damit Teil des Natura 2000-Netzes. Primäres Erhaltungsziel ist die Entwicklung eines natürlichen Buchenwaldes ohne menschliche Eingriffe. Auf unserer Wanderung durch das „Land der urigen Buchen“ begegnen uns aber noch weitere schützenswerte Lebensräume mit einer bemerkenswerten Artenvielfalt. Pflanzengesellschaften werden bestimmt vor allem durch das Nährstoffangebot, den Wasserhaushalt, das Klima und auch ihre Nutzungsgeschichte. Die hier am meisten vorkommenden Arten entstehen unter sauren und nährstoffarmen Bedingungen.
Nach Verlassen des Parkplatzes „Kirchweg“ erblickt man auf der linken Seite Magerwiesen und Silikatmagerrasen, die ein- bis zweimal im Jahr von Schafen beweidet werden und besonders artenreich und blütenbunt sind. Nach dem folgenden Abstieg führt der Weg durch das Talsystem von Kessbach und Banfe, einem mäandernden Bach mit flutenden Wasserpflanzen, in dem sich vor allem Bachforelle und die seltene Groppe heimisch fühlen. Man findet hier den Feuersalamander, aber auch seltene Schreckenarten wie die Kurzflügelige Schwertschrecke in Feuchtwiesen. Umsäumt wird die Banfe von einem urigen Bachauenwald, meist bestehend aus Erlen. Die Auenwälder bleiben der Sukzession überlassen, d.h. sie können sich hier durch natürliche Abläufe ohne Eingriffe des Menschen in ihren ursprünglichen Zustand zurückentwickeln.
Nach Überqueren der Banfe geht es steil hinauf in Hainsimsen- und Waldmeister-Buchenwälder. Die namensgebende Krautschicht gibt Auskunft über die Beschaffenheit der Böden: Die Weiße Hainsimse bevorzugt halbschattige Plätze auf nährstoffarmen, sauren Böden, während Waldmeister auf nährstoffreicherem Boden wächst. Neben diesen typischen Altbuchenwäldern mit viel Totholz ziehen sich entlang der felsigen Hänge zum Edersee urige Schlucht- und Hangmischwälder mit Pflanzen wie Sommerlinde und Spitzahorn, einer üppigen Krautschicht und mit Farnen. Diese Umgebung bietet Lebensraum für ein vielfältiges Vorkommen an Fledermäusen, u.a. Mausohr, Bechstein-, Fransen- und Bartfledermaus.
Aufgrund der unterschiedlichen Wasserstände des Edersees wechseln sich im Banfetrichter Trockenphasen und Überschwemmungen ab. An dem Schlammigen Flussufer mit Pioniervegetation wachsen seltene einjährige, an Überstauung angepasste Pflanzen wie der Gemeine Hirschsprung oder das Schlammkraut.
Das östliche Ufer der Banfebucht wird von Steilhängen mit Schutthalden und Silikatfelsen begrenzt. In diesen Felsfluren gibt es kaum Schutz vor Sonnenstrahlung, Frost und Trockenheit; Temperaturunterschiede zwischen +60°C und -20°C sind möglich. In dieser extremen Umgebung hat die seltene, stark bedrohte Pfingstnelke, das floristische Juwel der Kellerwald-Region, ihre Heimat. Das Wurzelwerk der von Ende Mai bis Mitte Juni in herrlichem Purpur blühenden Pflanze ist stark verzweigt und reicht tief in feinste Felsspalten hinein. Die Pfingstnelke wächst nicht einzeln, sondern immer in Gruppen und bildet so Polster, eine der Anpassungen an die unwirtliche Umgebung. Als weitere wärmeliebende Pflanzen sind an den Steilhängen u.a. Schwalbenwurz, die Astlose Graslilie und die Gewöhnliche Zwergmispel zu finden.
FFH-Gebiet „Edersee-Steilhänge“
Auf der Nordseite des Edersees liegen die imposanten „Edersee-Steilhänge“ des gleichnamigen FFH-Gebietes. Die Naturschutzgebiete „Hünselburg“ gegenüber der Banfebucht und „Kahle Hardt“ etwas weiter östlich werden von diesem mitumfasst. Wegen der schwer zugänglichen Hanglage des Gebiets erfolgte keine oder nur geringe Waldbewirtschaftung.
Geprägt durch urige Baumgestalten besteht ein hoher Totholz- und Höhlenreichtum, verteilt über die gesamte Fläche; ein idealer Lebensraum für verschiedene Spechtarten, Fledermäuse und seltenste Urwaldreliktkäfer.
An den Hängen unterhalb der ehemaligen keltischen Fliehburg „Hünselburg“ wechseln sich ausgedehnte Blockschuttwälder, Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder und Waldmeister-Buchenwälder ab und bieten auf Basis dieser Vielfalt Lebensraum für gefährdete Pilzarten wie Ästiger Stachelbart und Mosaik-Schichtpilz sowie für seltene Pflanzen, z.B. die Prachtnelke, die Deutsche Hundszunge und den Zerbrechlichen Blasenfarn.
Auf der „Kahlen Hardt“ führen verschiedene Wanderwege zu echten Urwaldrelikten mit teilweise bizarren Baumformen auf extremen Standorten. An den Steilhängen findet man warm-trockene Eichen-Fels- und Schuttwälder. Charakteristisch ist der relativ große Abstand zwischen den dort wachsenden uralten Trockeneichen und Mehlbeeren. Der Schieferboden begünstigt eine fast mediterrane Umgebung und bietet Lebensraum für seltene spezialisierte Flechten-, Käfer- und Insektenarten, z.B. den Veilchenblauen Wurzelhalsschnellkäfer oder den Steppengrashüpfer.
Gefährdet wird der Offenlandcharakter der Kieselhaltigen Schutthalden durch die Lupine, eine sich schnell ausbreitende, krautige Pflanze mit Wuchshöhe von bis zu 150 cm. Deshalb findet hier eine regelmäßige Entfernung statt.
Zusammen mit Hainsimsen- und Waldmeister-Buchen- sowie Labkraut-Eichen-Hainbuchenwäldern ergibt sich ein Mosaik verschiedener Lebensräume als Grundlage besonderer Artenvielfalt.