Die Wanderroute umfasst die drei Naturschutzgebiete „Düne am Ulvenberg“, „Lerchenberg und Kernesbellen“ und „Brömster“ im Süden Darmstadts. Es sind Flugsanddünen mit seltenen Pflanzen- und Tierarten. Alle offenen Flugsanddünen sind nach hessischem Naturschutzrecht geschützt. Die beiden erstgenannten Gebiete sind ebenfalls als FFH-Gebiet gemeldet und damit nach Europarecht geschützt.
Kurslänge: 8 Km; Schwierigkeit: mittel; Aufstieg: 82 m, Abstieg: 102 m.
Startpunkt: Bahnhof Darmstadt-Eberstadt
Endpunkt: Bushaltestelle "Schwimmbad" in Darmstadt-Eberstadt
Der Natura Trail entstand aus einer Kooperation der NaturFreunde Hessen und der Wissenschaftsstadt Darmstadt. Er liegt in der Verantwortung der NaturFreunde Darmstadt-Eberstadt und wurde konzipiert von Karin Lübbe (Umweltamt Darmstadt) und den NaturFreunden Torsten Rossmann und Armin Wüst.
Dünen
Entstanden sind sie gegen Ende der letzten Kaltzeit vor ca. 10.000 Jahren durch stetige Südwest-Stürme. Die kalkhaltigen Sande wurden aus den Schotterbetten des Rheins und des Alt-Neckars ausgeblasen. Sie flogen über das damals tundraähnliche, baumfreie Gebiet, wo sie sich als Dünen ablagerten. Diese bestehen aus Mittelsanden (0,2-0,6 mm Korngröße) und Feinsanden (0,06-0,2 mm).Die noch feineren Anteile, der kalkreiche Löss (0,01-0,05 mm), wurden vom Wind weitergetragen und bedecken nun die fruchtbaren Hänge der Bergstraße. Die Eberstädter Dünen sind Teil eines riesigen Dünenzuges, der sich auf einer Länge von ca.130 km in der Oberrheinebene von Rastatt bis nach Mainz erstreckt.
Ein markanter Dünenzug in Eberstadt, der auch die drei NSG umfasst, besteht in Ostwest-Richtung aus den Dünen Brömster, Riedberg, Lerchenberg, Palmenstock, Kernesbellen, Reutersberg, Hickebick, Kirchberg, Dautenberg, Ulvenberg, Eschollkopf und dem Pfungstädter Galgenberg. Viele davon sind bebaut, bewaldet oder werden landwirtschaftlich genutzt.
Mensch und Sand
Gärtnerinnen und Gärtnern zwar ein Graus, stellt der überwiegend sandige Boden in der Eberstädter Region dennoch die Grundlage für seltene Biotope in unserer Kulturlandschaft dar.Und selbst die Kargheit dieser Bereiche haben Menschen zu nutzen gewusst.Bevor diese Gebiete ihren heutigen Schutzstatus erhielten, waren sie auch Objekte gewerblicher Sandgewinnung. Der Sand war begehrtes Rohprodukt für die Baubranche. In der Düne am Ulvenberg wurden bis 1939 sogar Loren auf Schienen eingesetzt, um den Sand zu den am Feldweg bereitstehenden Karren zu transportieren. Diese Zone wurde jedoch im Laufe des Zweiten Weltkriegs zum militärischen Sperrgebiet. Bis heute finden sich auf der Düne Reste dieser militärischen Nutzung in Form von Fundamenten einer Flugabwehrkanone. Der Sandabbau hat am Ulvenberg, Hickebick und Kernesbellen (letzter Gewinnungsort) tiefe, bis heute sichtbare Dünenlücken („Bombenkrater“) hinterlassen. Für Kinder sind seit jeher die Hügel beliebte Spielplätze.
Pflanzen- und Tierwelt
Der Flugsand bildet einen kalkhaltigen, nährstoffarmen Boden. Die Niederschlagsmenge ist mit etwa 600 mm im Jahr sehr gering. Durch intensive Sonneneinstrahlung können an der Bodenoberfläche Temperaturen von über 60° C erreicht werden. Diesen Stressfaktoren trotzen nur wenige Arten, so dass eine besondere Pflanzengesellschaft, der Sandrasen entsteht. Sie zeigen spezielle Anpassungen, z.B. Wachsauflagen und tiefe Wurzeln. Alle Pflanzengesellschaften durchlaufen einen natürlichen Wandel (= Sukzession), d.h., es siedeln sich zuerst Pionierpflanzen wie z.B. Silbergras auf dem Sandboden an. Dort entstandener Humus ist die Basis für eine Besiedlung mit anderen Pflanzen. Diese Entwicklung macht den Wert der Dünen aus. So hat die Pflanzenart „Duval-Schafschwingel“ hier eines seiner letzten größeren Vorkommen. Ließe man der Sukzession freien Lauf, wären alle Dünen bewaldet. Pflegearbeiten und Beweidung mit Schafen und Eseln erhalten den Steppencharakter.
Bei den Säugetieren sind Rehe, Wildschweine, Kaninchen, Dachse, Füchse, Mäuse und viele Fledermausarten häufig. Auch frühere Exoten wie Waschbär und Marderhund haben ihren Platz gefunden. Bei den Vögeln sind Brachpieper und Steinschmätzer die seltenen Arten. Erdkröte und Zauneidechse fühlen sich als Kriechtiere hier wohl. Insekten (z.B. Streifenwanze), Schnecken und Spinnen (z.B. Röhrenspinne) gibt es in einer enormen Vielfalt.
Düne am Ulvenberg (Escholldüne „Eselskopp“)
Dieses Naturschutzgebiet (8,89 ha) besteht aus einer Binnendüne mit angrenzendem Kiefernwald. 22 der hier wachsenden Pflanzen stehen auf der hessischen „Roten Liste der bedrohten Arten“: u.a. Sandradmelde, Silberscharte und die gelbe Sandstrohblume. Aber auch unscheinbare Lebewesen wie Moose, Flechten und Pilze (z.B. die Speisemorchel) zeigen hier seltene Varianten. Die Tierwelt ist ähnlich vielfältig und spezialisiert mit Arten wie z.B. die giftige Dornfingerspinne, die blauflügelige Ödlandschrecke und der Sonnenröschen-Bläuling. Die Vielfalt belegen folgende Zahlen: 142 Wildbienen-, 65 Grabwespen-, 11 Heuschrecken-, 20 Raubfliegenarten sind auf dem Gelände zu finden.
Brömster (Bremster)
Dieses Naturschutzgebiet (9,6 ha) ist fast vollständig von einem Kiefernwald bewachsen und zeichnet sich demgemäß durch eine andere Vegetation und Tierwelt aus als die der offeneren Dünengebiete. Allenfalls die Wanderwege mit den freiliegenden Böschungen lassen den Dünencharakter dieses Bereichs erahnen. Besondere Pflanzen, die sich hier angesiedelt haben, sind Graslilie, Steppenwolfsmilch und die Bienen-Ragwurz-Orchidee.
Lerchenberg und Kernesbellen
Dieses Naturschutzgebiet ist mit 17,11 ha das größte der drei durchwanderten Areale. Der Dünencharakter ist hier noch gut sichtbar. Seltene Pflanzen sind die blaugrüne Kammschmiele, das Ohrlöffel-Leimkraut und das Dünen-Steinkraut.
Ausblick
Natürlicher Klimawandel hat diese wunderbare Landschaft nach dem Ende der letzten Eiszeit geschaffen. Nun lässt sich beobachten, dass durch menschliche Einflüsse wie Luftverunreinigung, überhöhte landwirtschaftliche Düngung, Einführung neuer Tier- und Pflanzenarten, vielleicht sogar auch menschliches Desinteresse diese besonderen Kleinode bedroht sind. Was die Mammutfüße nicht geschafft haben, würde der Mensch in wenigen Jahren erledigen: der Verlust biologischer Vielfalt. Auch wenn nicht absehbar ist, wohin der menschgemachte heutige Klimawandel letztlich führen wird, sollte es unsere Aufgabe bleiben, uns um den Erhalt dieser besonderen Biotope zu kümmern. Fangen wir heute mit dem ersten Schritt an und beginnen zu staunen.