Hitzerekorde, Waldbrände und Gletscherschmelze – die allgegenwärtige Klimakrise fordert bereits ihren Tribut. Der deutsche Verkehrssektor ist maßgeblich daran beteiligt, denn der CO2 Ausstoß ist seit 1990 nicht gesunken, sondern steigt sogar weiter an. Wer das 1,5 Grad-Erhitzungslimit von Paris wirklich einhalten will, muss jetzt handeln und die Verkehrswende heute organisieren.
Doch die Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt steht auch in diesem Jahr für noch größere Fahrzeuge, noch mehr PS und noch höheren Verbrauch. Das muss einen nicht weiter verwundern, denn die oberste Maxime der Autoindustrie ist der Profit und sind nicht die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung.
Antiquierte Autoshow
Immer größer und höher dimensionierte, spritschluckende Sports-Utility-Vehicles (SUVs) sichern dabei die höchsten Gewinnmargen und deshalb steigt ihr Anteil am Verkehr rapide an. In diesem Jahr ist bereits jedes dritte neuzugelassene Auto ist ein SUV. Zu den über drei Millionen SUVs kommen noch rund 2 Millionen Geländewagen. Notwendig wären stattdessen für den Individualverkehr kleine, leichte und mit anderen teilbare E-Autos. Doch schnittige E-Flitzer sind auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Schließlich verursacht ihr Bau 60 Prozent mehr CO2-Emissionen als ein „Benziner“, sagt Achim Heier, Mitglied im Koordinierungskreis von Attac. Zudem werden dabei große Mengen von Kupfer, Lithium, Kobalt und Seltenen Erden verbraucht.
Tempolimit bringt's
Was kein Geld kostet und schnell machbar wäre, ist ein Tempolimit auf Autobahnen (120 km/h), Landstraßen (90 km/h) und in Ortschaften (30 km/h). Dies würde Kohlendioxid-Emissionen massiv abbauen. Doch eine echte Verkehrswende erfordert mehr als nur den Schadstoffausstoß von Verbrennungsmotoren zu senken und sie durch alternative Antriebe zu ersetzen. Der Weg weg von der autoverträglichen Stadt geht nur über den Ausbau eines möglichst eng getakteten und preiswerten ÖPNV. Notwendig ist es, das Bus- und Bahnnetz massiv auszubauen - auch im ländlichen Bereich - und dem Fuß- und Radverkehr ausreichend und sicheren Raum zu geben. Dies würde auch Arbeitsplätze schaffen.
Handlungsprogramm der Umweltverbände
Mit einem eindringlichen Appell haben sich die Umwelt- und Naturschutzverbände, darunter die NaturFreunde, an die Bundesregierung gewandt. „Wir befinden uns am Anfang einer gefährlichen Klimakrise. Dürresommer und Hitzewellen, Überflutungen und Sturmschäden werden uns mit Regelmäßigkeit treffen. Wir brauchen wirksame Maßnahmen und zwar sofort“, so die Verbände. Dazu haben sie ein Handlungsprogramm für einen effektiven Klimaschutz vorgelegt, das detailliert für die einzelnen Sektoren erläutert, welche Maßnahmen schnell umsetzbar sind, um eine große Wirkung zu entfalten.
„Am Samstag werden in Frankfurt Tausende zu Fuß und auf dem Fahrrad für eine Verkehrswende jetzt! protestieren, weil Bundesregierung und Autolobby einfach keinen wirksamen Klimaschutz hinbekommen“, sagt Uwe Hiksch, Mitglied des Bundesvorstands der NaturFreunde Deutschlands und Anmelder der Demonstration. Die IAA folge Mobilitätsvorstellungen der 1960er und 70er Jahre. Die Bundesregierung müsse ein „ambitioniertes Klimaschutzprogramm“ aufstellen, so Hiksch, und dabei etwa den Bundesverkehrswegeplan reformieren, um für Straßenbau eingeplantes Geld in Radwege und ÖPNV investieren zu können. Zudem müsse über einen „sozialverträglichen Umbau der Automobilindustrie“ diskutiert werden, um eine nachhaltige und klimagerechte Mobilität zu erreichen, betont NaturFreund Hiksch.
Ulla Wittig-Goetz