Rechtsextremes Gedankengut im Umwelt- und Naturschutz ist keine Seltenheit und blickt auf eine lange Tradition in Deutschland zurück. Deshalb haben die NaturFreunde und die Naturfreundejugend Deutschlands eine gemeinsame Fachstelle für Präventionsarbeit aufgebaut.
Völkisch-nationalistische und rechtsextreme Ideologien im Umwelt- und Naturschutz gehören längst nicht der Vergangenheit an, sondern stellen nach wie vor eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Die neue „Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz“ (kurz: FARN) hat vor kurzem ihr neues Programm vorgelegt. Ihre Aufgabe besteht darin rechte und völkische Strömungen im Natur- und Umweltschutz zu identifizieren und mithilfe zielgerichteter Bildungsarbeit insbesondere auch unter Kindern und Jugendlichen, rechtsextreme Ansätze zu bekämpfen. Gefördert wird diese Arbeit durch das Programm „Demokratie leben“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das Ziel: Engagement im Naturschutz muss Hand in Hand gehen mit dem Engagement für Demokratie und Menschenrechte.
Seit Jahren engagieren sich Einzelpersonen und Gruppen aus dem rechtsextremen Spektrum gegen Atomenergie und Gentechnik sowie für Tierschutz und Biolandwirtschaft. Für viele Menschen passt das nicht zusammen: Sie verorten Natur- und Umweltschutz eher im linken politischen Spektrum. Dabei ist rechtes Gedankengut im Naturschutz keineswegs ein neues Phänomen. Der deutsche Naturschutz hat eine lange Geschichte, die eng mit den Ideologien des NS-Regimes verwoben ist und noch nicht umfassend aufgearbeitet wurde.
Ideologische und personelle Kontinuität
„Man darf nicht einmal die Worte ‚minderwertig‘ und ‚vollwertig‘, auf Menschen angewendet, gebrauchen, ohne sofort verdächtigt zu werden, man plädiere für die Gaskammer.“ (Konrad Lorenz, Medizin-Nobelpreisträger von 1973, Verhaltensforscher, Redner des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP)
Das Reichsnaturschutzgesetz von 1935, das nach wie vor stolz als das erste seiner Art bezeichnet wird, hatte mit seiner völkischen Ideologie Anteil an der Vertreibungs- und Vernichtungspolitik der Nazis. Es besaß – mit wenigen Änderungen – noch bis 1976 Gültigkeit. Auch personell werden immer wieder Vordenker des Naturschutzes gelobt, die weit mehr als sogenannte „Mitläufer“ des NS-Regimes waren (unter anderem Konrad Lorenz, Alwin Seifert, Reinhold Tüxen, Wolfgang Tischler). Es ist also viel Braunes im Grünen erhalten geblieben.
So werden zum Beispiel Natur, Landschaft und Heimat oft zusammengedacht, nicht nur bei den Rechten. Bei ihnen allerdings in überspitzter Form: Das eine lasse sich nicht ohne das andere bewahren. Der deutsche Wald könne nur geschützt werden, wenn das deutsche Volk geschützt werde – vor dem Fremden. Die deutsche Natur sei nur gesund, wenn auch der Volkskörper gesund ist. Die Welt lasse sich nur retten, wenn wir der Überbevölkerung Herr würden usw.
Mit dem rechten „Naturschutz“ sind oft also demokratiefeindliche und menschenverachtende Inhalte verknüpft. Sie sind nicht immer sofort sichtbar und gelangen so „unter falscher Flagge“ in die Mitte der Gesellschaft und in die Politik. Über Heimat darf wieder gesprochen werden, versteckte Biopolitik (Familienplanung) gehört längst zum Repertoire der deutschen Entwicklungspolitik. Die neuen und alten Rechten besetzen populäre Forderungen mit ihren menschenverachtenden Inhalten neu und verbreiten so unter dem Deckmäntelchen des Naturschutzes ihre Ideologien. Dem gilt es entgegenzutreten.
Arbeitsprogramm für 2019
Auch in diesem Jahr organisiert FARN wieder Veranstaltungen zum Thema „Naturschutz und Rechtsextremismus“ . Neben einer Fachtagung ist unter anderem ein Jugendcamp geplant. Außerdem bietet FARN bundesweit In-House-Workshops und Vorträge an. Die Inhalte werden zielgruppenspezifisch aufbereitet, beispielsweise für Jugendliche und junge Erwachsene, haupt-oder ehrenamtlich Tätige im Natur- und Umweltschutz, der Kinder- oder Jugendhilfe oder der rechtsextremistischen Präventionsarbeit. Neu ist die FARN-Trainer*innenausbildung, die als praxisnahe berufsbegleitende Weiterbildung konzipiert ist.
Mehr Informationen:
Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN)
c/o NaturFreunde Deutschlands
Warschauer Str. 58a/59a
10243 Berlin
+49 (0)30 29 77 32 -60