Um Rechtsextremismus und Rassismus im Land zu bekämpfen, haben rund 30 hessische Organisationen gemeinsam mit den NaturFreunden zehn Forderungen an die hessische Landesregierung gestellt. Danach sollten Bewegungen für Menschenrechte gestärkt und allen Formen rassistischer Menschenfeindlichkeit, von Antisemitismus bis Sexismus, entschieden entgegengewirkt werden.
Die Morde von Hanau und an Walter Lübcke haben Hessen zu einem Hotspot rassistischer und rechtsextremer Anschläge gemacht. Weil die Verbrechen des NSU bis heute nicht aufgearbeitet sind und die aktuelle Serie von Bedrohungen durch NSU 2.0 erneut auf rechtsextreme Netzwerke im Sicherheitsapparat verweist, offenbart dies ein „eklatantes Versagen der Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden“, heißt es in dem Schreiben. Zu den rund 30 Organisationen, die das Papier unterzeichnet haben, gehören neben den hessischen NaturFreunden, der Paritätische Wohlfahrtsverband Hessen, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie der Frankfurter Bund deutscher Pfadfinder*innen. Sie fordern ein Verbot rechtsextremer Gruppen sowie eine umfassende Aufklärung der Taten des NSU und über die Rolle des Verfassungsschutzes in seinem Umfeld. Auf Bundesebene müsste sich Hessen für eine Verschärfung des Waffenrechts stark machen.
Polizei und Verfassungsschutz im Visier
Zudem verlangen die Organisationen „einen Wandel der Organisationsstruktur, um strukturellen Rassismus und Rechtsextremismus in Verfassungsschutz und Polizei zu bekämpfen“. Die Praxis des Racial Profiling dürfe nicht länger geleugnet und kleingeredet werden. Zu ihrem Forderungskatalog an die Landesregierung gehört auch die Schaffung eines unabhängigen Expert*innengremiums mit Vertreter*innen aus der Wissenschaft, von Wohlfahrtsverbänden, Betroffenen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Dieses Gremium müsste die Bekämpfung von Rassismus, Rechtsextremismus und Diskriminierung begleiten, steuern und evaluieren. Es sollte auch bei der Förderung von Demokratieprojekten mitreden.
Eine der zehn Forderungen an die hessische Landesregierung lautet, die Repräsentanz aller gesellschaftlichen Gruppen in allen Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens sowie in leitenden Funktionen der Verwaltung zu fördern. Auch die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdestelle für polizeiliches Fehlverhalten wird vorgeschlagen.
Bildungswesen spielt zentrale Rolle
Der Appell an die Landesregierung beinhaltet außerdem, den Wunsch die Schulen zu verändern: „Demokratiebildung und Medienkompetenz sind als fächerübergreifende Querschnittsthemen zu etablieren, damit Schüler*innen lernen, Fake News von seriösen Nachrichten zu unterscheiden und Hass und Rassismus in den Sozialen Medien erkennen.“ Darüber hinaus sollte die Auseinandersetzung mit Rassismus, Kolonialismus, Antisemitismus und rechten Ideologien fester Bestandteil in allen Bereichen des Bildungssektors und der Jugendsozialarbeit werden.
Auch Initiativen der Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus und Rassismus müssten gestärkt werden, ist in dem Forderungspapier an die hessische Regierung zu lesen. Das Steuerprivileg „Gemeinnützigkeit“ sollte überdies Vereinen zustehen, die demokratische politische Arbeit leisten. Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildungsarbeit zur gezielten Antirassismus- und Antidiskriminierungsarbeit sowie zur interkulturellen Öffnung müsse ausreichend und nachhaltig gefördert werden.
Ulla Wittig-Goetz