Atomenergie ist auch nach Ansicht der NaturFreunde teuer, ineffizient, gefährlich und nicht kompatibel mit der Energiewende. Bestrebungen, ihr ein grünes Label zu verpassen, erfordern Gegenwehr.
Die EU-Kommission will Investitionen in Atom- und Erdgas-Kraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klima- und umweltfreundlich einstufen. Die Atomkraft grün anzustreichen, lehnen die NaturFreunde Deutschlands entschieden ab. Ihr Bundesvorsitzender Michael Müller erklärt, dass die Atomstromversorgung nicht vereinbar sei mit den drei großen Zielen einer ökologischen Energiewende, nämlich: erneuerbare Energien auszubauen, Energie einzusparen und effizient zu nutzen. Schon die innere Logik der Atomkraftproduktion widerspreche dem, denn sie „ist darauf ausgerichtet möglichst viel Strom zu produzieren. Dafür braucht die Atomkraft große Kraftwerke, Hochleistungsübertragungsnetze und gewaltige Reserven. Ein Atomkraftwerk kommt zudem nur auf einen Nutzungsgrad von rund 30 Prozent, ist also höchst ineffizient“, sagt Müller. Insofern bremse die Atomkraft die Energiewende aus. Sie sei auch nicht frei von Kohlendioxid, wenn die gesamte Produktionskette von den Umweltschäden durch den Uranabbau über den Kraftwerksbetrieb bis zur Entsorgungsfrage betrachtet wird.
Hochgiftiger Müll
Zudem produzieren Atomkraftwerke hochradioaktiven Müll, der hunderttausende von Jahren in Atommülllagern verwahrt werden muss. Auch nach über 60 Jahren Nutzung der Kernkraft gibt es noch immer keine Konzepte für eine möglichst sichere Lagerung dieses hochgiftigen Atommülls.
Atomkraft ist zudem teuer. Der Strom von Atomkraftwerken kostet schon heute fast dreimal so viel, wie der Strom aus neuen Solar- und Windanlagen. Auch GEMIS-Zahlen belegen, dass ein Gaskraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung hier wesentlich günstiger liegt. GEMIS ist eine Analyse-Software mit einer Datenbank für Energie- und Stoffsysteme.
Neue Atomkraftwerke können nur durch riesige staatliche Subventionen betrieben werden. So wies das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bereits 2019 darauf hin, dass „Atomkraft niemals auf die kommerzielle Stromerzeugung ausgelegt (war), sondern auf Atomwaffen. Atomstrom war, ist und bleibt unwirtschaftlich.“ Außerdem gibt es eine klare Mehrheit in der Bevölkerung für den Atomausstieg.
„Keine Renaissance der Atomenergie zulassen“, heißt es ebenso in einem Beschluss den der NaturFreunde-Bundesausschuss am 30.April 2020 verabschiedet hat. Da der Bau von Atomkraftwerken neben allen erwähnten Gefahren teuer und langwierig sei, sollten die finanziellen Mittel besser in den Ausbau von erneuerbaren Energien und Maßnahmen zur Energieeinsparung fließen. Damit könnten innerhalb deutlich kürzerer Fristen ein Mehrfaches an CO2 eingespart werden. Atomkraft und erneuerbare Energien sind auch nicht kompatibel, wie in dem Beschluss weiter ausgeführt wird. Atomkraftwerke könnten nicht flexibel auf die Möglichkeiten von erneuerbaren Energien reagieren, da sie nicht kurzfristig hoch- und runterreguliert werden können.
Ulla Wittig-Goetz